Mittelalterliche Küche für Einsteiger


(Beitragsbild: Les Guerriers de Moyen-Age, mfG – Ronneburg, 30-Jahre-Jubiläum der IG Wolf)

Für Jochen Grasser, einen begeisterten und engagierten Mittelalterkoch, durch und durch lieben Menschen und guten Freund. Leider haben wir ihn viel zu früh verloren. Im Namen der gesamten Mittelalter-Koch-Community: Wir vermissen dich!

Zunächst einmal: Kompliment an alle, die sich von den gängigen Mythen zur mittelalterlichen Küche nicht haben abschrecken lassen!
Ich kann mit gutem Gewissen bestätigen, dass man nicht nur geschmacklosen Schleim gegessen hat, dass das Fleisch nicht ständig verdorben war und auch dass Salz nicht mit Gold aufgewogen wurde.

Trotzdem gehen viele Einsteiger immer noch mit falschen Erwartungen an die mittelalterliche Küche heran.
Besonders oft taucht da die Annahme auf, dass mittelalterliche Kulinarik das Selbe ist wie die Hausmannskost von der Oma, nur weil wir in der selben Region leben.
Tatsächlich ist mittelalterliche Küche aber sehr viel spannender und sehr viel fremder als man erwarten würde.

Seit dem Mittelalter haben sich Ernährung, Konsum, Essverhalten und Tafelkultur und damit auch der allgemeine Geschmack stark verändert. Selbst wenn man nur wenige Jahrzehnte zurück schaut wird man einige Speisen finden, die heute gewöhnungsbedürftig wären.

Wiener Würstchen in Aspik – 50er/60er Jahre
(Bild: Wikimedia)

Speisen in Aspik waren in den 50er und 60er Jahren sehr modern, heute – nur 60 Jahre später – würde man so etwas nicht mehr servieren. Man kann sich also vorstellen, was sich dann in 600 oder sogar 1000 Jahren geändert hat.
Und ebenso wie die Speisen halten sich auch die Kochprozesse nicht an die Erwartungen.
Das ganze Schwein am Spieß oder das hochlodernde Kochfeuer sehen romantisch aus – bedienen allerdings hauptsächlich Klischees.

Was ich damit sagen will: man muss sich auf mittelalterliche Kulinarik ebenso einlassen wie auf jede andere, fremde Küche. Auch wenn man bestimmte Bilder im Kopf hat und viele Zutaten vertraut klingen mögen.
Man nimmt ja auch von einer Frühlingsrolle nicht an, dass sie nach Hausmannskost schmeckt, nur weil Fleisch und Kraut drin ist.

Wenn ihr jetzt immer noch neugierig seid … folgt mir in den Küchen-Kaninchenbau 🙂

(Warnung: Was jetzt kommt ist lang. Ziemlich lang. Ich habe mich sehr darum bemüht den praktischen Teil groß und den theoretischen klein zu halten. Ganz am Ende findet ihr außerdem eine kleine Handvoll Rezepte zum Ausprobieren.
Im Großen und Ganzen sind die Kapitel in sich abgeschlossen, ihr könnt also auch einzelne Kapitel auslassen.)

Tipps, Tricks und Erfahrungen aus der Praxis

Das Feuer
Oder: Was den Topf zum Kochen bringt

Organisiert euch von Anfang an Hilfe für die Betreuung des Feuers bzw. zum Holz heranschaffen. Ein ordentliches Kochfeuer für mehrere Stunden zu unterhalten ist eine Menge Arbeit und dafür habt ihr als Köche keine Zeit.

Das beliebte Bild vom Kessel über dem dramatisch lodernden Feuer habe ich ja oben schon angesprochen. Ein hohes Feuer kann von Zeit zu Zeit nützlich sein – zum Beispiel wenn man Fleisch am Spieß brät, denn der Spieß mit der Fettpfanne darunter wird dann vor, nicht über das Feuer gestellt.
Aber im Allgemeinen ist so ein Feuer viel eher hinderlich als hilfreich.
Die hohen Flammen hindern euch am sicheren Arbeiten – man kann schlechter zugreifen, umrühren oder einen Topf zur Seite ziehen. Außerdem ist es sehr schwierig mit so einem Feuer die Temperatur zu regeln.

Was ihr braucht ist weit weniger dramatisch aber viel nützlicher: kleine Kochfeuer aus heruntergebrannten Holzscheiten und natürlich Glut. Beides lässt sich wunderbar herumschieben und um oder unter Töpfen verteilen. Auf diese Weise habt ihr die Kochtemperaturen viel besser im Griff und mit etwas Übung kann man so die Temperatur ebenso gut regeln wie an einem modernen Herd.
Idealerweise hat euer Kochfeuer also eine Zone um das Holz herunterbrennen zu lassen und eine nur zum Kochen.

Vorne Glut, hinten Feuer zum Herunterbrennen
(Bild: Privat, Ronneburg, 30-Jahre-Jubiläum der IG Wolf)

Kochkessel
Oder: Jetzt nimmt die uns auch noch den Kessel weg!

Nein, nicht ganz, denn natürlich sind Kessel OK und auch belegbar. Aber es müssen die richtigen Kessel sein.
Reduziert euch nicht auf den ungarischen Gulaschtopf! Auch wenn die Dinger billig sind – sie sind natürlich nicht historisch korrekt und, wie ich finde, auch nicht sonderlich schön.
Wenn ihr einen Kessel möchtet, kauft lieber einen geschmiedeten Eisenkessel – die sind fast unkaputtbar solang man darauf achtet, dass sie nicht rosten und sie sind für die meisten Zeitstellungen zu gebrauchen. Aber Achtung: lasst euch kein Gusseisen andrehen (z. B. den berühmten Dutch Oven)! Diese Töpfe sind sehr viel jünger und für eine korrekte historische Darstellung ungeeignet.
Ab dem 13. Jhd wären dann aber Grapen aus Buntmetall eine Alternative, also dreibeinige Töpfe, die man ebenfalls in die Glut gestellt hat.

Noch ein Wort zur Aufhängung von Kesseln: Bei der Verwendung von Kesselsägen bitte auf die Darstellungszeit achten! Die gibt es nämlich nicht im ganzen Mittelalter. Soweit ich es bisher recherchiert habe, kommt sie frühestens im 13. Jhd langsam auf. Ansonsten sind Ketten mit Haken relativ leicht zu verstellen.

Ich persönlich verwende aber ohnehin lieber Pfannen- oder Feuerknechte, damit steht der Kessel direkt über der Glut und ist – im Vergleich zur Kette – relativ stabil (siehe Bild oben). (Jaja, ich weiß – jetzt klau ich euch auch noch den traditionellen, hängenden Kessel … )
Außerdem kann man die Töpfe auf einem Pfannenknecht auch ganz wunderbar abstellen, wenn man mit dem Kochen fertig ist.

Töpfe auf den Pfannenknechten
(Bild: Privat, Lenzburg, CH – „Lenzburg 1173“ )

Tontöpfe
Oder: Werkzeug oder Waffe?

Tatsächlich ist das häufigste Kochgeschirr im Mittelalter aber eben nicht der Kessel sondern der Tontopf.
Viele Leute fürchten sich vor der Nutzung aber wenn man auf ein paar Details acht gibt, sind die Dinger wirklich praktisch.
Ich persönlich liebe Tontöpfe. Alles, was man langsam garen will, jede Art von Eintöpfen, Breien, Suppen, gelingt darin perfekt – aber auch wenn man kleinere Mengen zubereitet wie z B für Saucen kann man kein besseres Kochgeschirr finden. Oder man nutzt sie einfach um Wasser heiß zu machen und heiß zu halten.
Was natürlich nicht geht ist sowas wie Fleisch braten – aber ich denke, das sagt einem schon der normale Küchenverstand.

Tontöpfe wirken gern sehr klein. Aber gerade bei den kugeligen Varianten täuscht das gewaltig. Es geht IMMER viel mehr rein, als man erwartet.
Damit wären wir bei einem weiterer Vorteil von Tontöpfen: Sie nehmen sehr wenig Platz in der Feuerstelle weg, da sie ja direkt in oder neben der Glut stehen. Dadurch kann man schon mit einem kleinen Feuer ganze Mahlzeiten zubereiten – im Gegensatz zu einem hängenden Kessel, der enorm viel Platz wegnimmt.

Kugeltöpfe von Anna Axtmann, aus einem Probebrand für den experimentalarchäologischen Nachbau eines Brennofens aus dem 12. Jhd
(Bild: Privat)

Der größte Angstfaktor vom dem ich gehört habe ist das Springen der Tontöpfe, inklusive einer Menge Horrorgeschichten von „explodierenden“ Töpfen.
Das, was den Gerüchten am nächsten kommt, wäre ein eventuelles Abplatzen eines Stückes wenn es, zum Beispiel, einen Lufteinschluss im Ton gibt. Aber das passiert selten und es handelt sich dann immer noch nicht um wild herumfliegende Scherben.
Tatsächlich ist es so, dass ein Tontopf – wenn er denn nun wirklich einmal komplett springt – das recht unauffällig tut. Oft genug mit Rissen, die man erst bemerkt, wenn plötzlich die auslaufende Suppe im Feuer zischt.
Es ist also nicht so, dass man sich jedes Mal eine Handgranate ins Kochfeuer legt!

Der wichtigste Feind des Tontopfes (neben runterfallen lassen natürlich) ist der Temperaturunterschied.
Ton reagiert empfindlich auf Temperaturschwankungen – zum Beispiel wenn kaltes Wasser in einen heißen Tontopf gegossen wird.
Daher: Töpfe vorher füllen und dann erst erhitzen. Wenn Wasser nachgegossen werden muss, langsam gießen und immer in die Mitte des bestehenden Inhalts. In beiden Fällen gleicht das Kochgut die Temperatur aus und der Ton darf sich langsam an Hitze bzw. Kälte gewöhnen.
Wenn man ganz sicher gehen will kann man den Topf samt Inhalt auch am Feuer anwärmen bevor man ihn ganz aufheizt.
Was man auch beachten sollte: den Kochlöffel nicht am Rand des Topfes abklopfen. Das kann bei bestehenden Spannungen im Ton ebenfalls ein Reißen auslösen.
Beachtet man diese einfachen Regeln sind Tontöpfe weder gefährlich noch sonderlich schwierig zu handhaben.

Tontopf (Darstellung 15. Jhd) in der Glut.
(Bild: Leah-Morgana Stadler, mfG, http://www.blog-von-guter-speise.de/)

Küchenausstattung
Oder: Schneiden, Mörsern, Rühren

Die wichtigsten Dinge in eurer Küche (abgesehen von Töpfen) sind:

Eine Pfanne.
Platz an einem Tisch passend zu euren Lebensmittelmengen. Denn ja, natürlich dürft ihr euch hinsetzen beim Schneiden! Extra hohe ‚Arbeitstische‘ zum Kochen sind nicht notwendig.
Ein Schneidbrett aus Holz – normale ‚Küchenbrettgröße‘ ist ausreichend.
Ein Messer. Historisch korrekte Messer sind schön (wie ich finde) und eine gute Investition. Ich verwende meine durchaus auch privat in der Küche.
Einige Schüsseln aus Holz oder Keramik in verschiedenen Größen.
Ein Mörser aus Stein oder Holz. Man bekommt historisch korrekte Mörser zu kaufen, zur Not tuts aber auch ein Granitmörser von IKEA, solang er eine einfache, runde Form hat. Der Mörser ist für moderne Köche sicher das ungewohnteste von den genannten Dingen, aber mittelalterliche Küche ohne Mörser funktioniert nicht.
Ein Kochlöffel, der länger sein sollte als man das gewöhnt ist – dran denken, dass man unter Umständen tief in einen Kessel reichen muss.
Ein Schöpflöffel.
Ein Eimer oder eine große Kanne für Wasser.
Ganz wichtig und viel zu oft vernachlässigt: Küchentücher aus grobem Leinen. Man braucht sie an allen Ecken und Enden. Als Topflappen, Schürzen, zum Abseihen, Blattgemüse schleudern, Lebensmittel abdecken oder einwickeln und natürlich zum Abwaschen und Putzen.
Ein Schürhaken – das ist euer Temperaturregler und muss daher immer in Reichweite sein. Lasst euch euren Schürhaken nicht von den Feuermachern entführen – die sollen ihren eigenen benutzen!
Ein Fächer (idealerweise ein Gänseflügel) oder ein Blasebalg zum Anfachen des Feuers.

Wie eure Küchenausstattung ganz genau aussieht, hängt immer von eurer Darstellungszeit ab. Ich habe hier eine Küchenausstattung für das 12. Jhd. zusammengestellt.

Küchen- und Essmesser von Nikolaus Hofbauer, nach Funden aus dem 12. Jhd.
(Bild: Privat)

Gesundheit am Feuer
Oder: Ich weiß, es ist heiß. Das weiß ich wirklich. Trotzdem.

Tragt reine Wolle – auch und ganz besonders beim Kochen. Je dichter gewebt, desto besser.
Bitte nur enge Ärmel und keine Schleppen, lange Gürtel, etc.. Dazu ein Tuch, das sich gut im Nacken binden lässt und nicht nach vorne fällt.

Warum quäle ich euch mit so unsäglicher Ausstattung?
Ganz einfach: ich mag euch und will euch Schmerzen ersparen.
Zunächst: Wolle brennt schlecht und geht schnell und leicht wieder aus. Und nein, bitte kein Leinen als Überkleidung verwenden – bleibt bei der Wolle! (Leinen brennt deutlich leichter.)

Und dann schützt euch die Kleidung auch einfach vor der Hitze. Nackte Arme lange nahe am Feuer: das führt zu einem Zustand, den ich ‚Kochsonnenbrand‘ nenne, also leicht versengte Haut, die man normalerweise erst später bemerkt.

Eine Schürze ist ebenfalls sehr nützlich – für mich hat sich dickes Leinen am Besten bewährt. Ordentlich gebunden hält sie eure Kleidung aus dem Feuer heraus, sie lässt sich leicht reinigen und schützt euch zusätzlich vor der Hitze.

In diesem Zusammenhang: Euer Job am Kochfeuer ist anstrengend und heiß und ihr bekommt eine unheilige Menge Rauch ab. Achtet darauf genug zu trinken und, auch wenn es manchmal schwer fällt: Macht Pausen! Umrühren kann auch mal ein anderer.

Lebensmittel-Lagerung I
Oder: Kühlschrank oder nicht-Kühlschrank, das ist hier die Frage.

„Nicht-Kühlschrank!“ wäre jetzt die historisch korrekte Antwort. Aber tatsächlich kommt das auf eine Menge Begleitumstände an – wie die Art der Veranstaltung, die Menge und Art der Lebensmittel, eure Lagermöglichkeiten, die Jahreszeit, etc.

Grundsätzlich gilt immer: Gesundheit geht vor historische Korrektheit.

Ansonsten gilt ebenfalls immer: Wir sind zu sehr an Kühlschränke gewöhnt. Lebensmittel halten ungekühlt viel länger als viele denken.
Eier, zum Beispiel, müssen nicht gekühlt werden. Das selbe gilt für Käse, zu einem geringeren Grad auch für Butter und Schmalz (bei letzteren beiden ist die kühle Lagerung eher eine Frage der Konsistenz als der Genießbarkeit).
Auch frische Milch verträgt es für eine Weile nur leicht gekühlt zu werden. Alternativ zur Milch kann man übrigens ganz wunderbar Mandelmilch verwenden. Die ist weniger leicht verderblich und absolut historisch korrekt.
Sparen kann man sich die Kühlung natürlich für alle Räucherwaren wie Würste oder Speck.

Zur Kühlung gibt es auch eine Handvoll authentischer Tricks.
Idealerweise hat man einen Erdkeller oder Ähnliches zur Verfügung (etwa bei einer Burgbelebung). Ist das nicht der Fall, kann man ein unglasiertes Tongefäß wässern und Lebensmittel wie Butter darin aufheben – die Verdunstungskälte ist ausreichend, damit einem die Butter wenigstens nicht davon rinnt. Darauf achten, dass das Gefäß immer feucht bleibt! Hat man keine unglasierte Keramik, kann man das jeweilige Gefäß auch mit feuchten Lappen umwickeln – das funktioniert auch, allerdings nicht ganz so gut und gleichmäßig.
Ein Loch graben und das Gefäß hinein stellen macht Arbeit, Dreck und Löcher im Rasen, kann aber auch helfen, solang man keine direkte Sonneneinstrahlung hat und das Loch gut abdeckt.

Unbedingt bei Kühlschranktemperaturen lagern muss man rohen Fisch und rohes Fleisch (besonders, wenn es kleingeschnitten oder gar gehackt ist). Vorsicht bei Bratwürsten – die können ebenfalls roh sein und sind dann sehr leicht verderblich! Wenn man keinen Kühlschrank zur Verfügung hat, empfehle ich immer, diese Lebensmittel eingefroren, in einer Kühlbox mit Kühlakkus mitzunehmen. Alternativ kann man auch die Milch gefroren mitnehmen und die Packungen als „Kühlakkus“ verwenden.
Wenn die Kühlbox geschlossen gehalten wird, halten sich die Lebensmittel so zumindest für zwei Tage.

Besonders, wenn ihr für die gesamte Belegschaft einer Veranstaltung – also für 100 Leute oder mehr – kocht, ist es eure Arbeit, die die Leute satt hält.
Aber es ist auch eure Arbeit, die die gesamte Veranstaltung lahmlegen kann, wenn alle gleichzeitig Durchfall bekommen. In diesem Fall gilt also ganz besondere Vorsicht walten zu lassen.

Lebensmittel-Lagerung II
Oder: Gebt den Ratten keine Chance!

Lebensmittel lagern bedeutet nicht nur Kühlung, sondern auch absolute Sorgfalt und Sauberkeit!
Wir sind in unseren modernen Küchen nicht mehr daran gewöhnt, Lebensmittel von Ungeziefer fernhalten zu müssen – abgesehen von der einen oder anderen wütenden Mehlmotte.

In einem Lager oder auf einer Burg kann euch Ungezieferbefall innerhalb von Stunden gründlich die Laune verderben. Mäuse, Ratten oder auch Füchse und selbst die eigenen Hunde haben nun einmal gute Nasen. Von diversen Insekten will ich erst gar nicht anfangen …

Lasst den Hausverstand walten und nutzt gut verschließbare Behälter – und achtet darauf, dass die auch immer gut verschlossen bleiben!

Lagert nichts auf dem Boden, wenn es sich vermeiden lässt. Nutzt – abgesehen von Tischen oder Regalen – Balken, Zeltstangen oder Äste um eure Lebensmittel vom Boden fern zu halten.

Nützlich für die historisch korrekte Lagerung wären Hilfsmittel wie Netze, Tontöpfe, Dosen aus Holz, Birkenrinde oder Speckstein, Säcke, Körbe und Holzkisten.

Und, und das ist ganz besonders wichtig: arbeitet immer und unter allen Umständen absolut sauber und ordentlich. Wenn man etwas verschüttet wird es sofort aufgewischt oder zumindest so gut entfernt, wie es geht, nichts wird offen liegen gelassen, alle Lagerbehälter sind immer makellos sauber.
Haltet Tuch und Putzeimer und einen Müllsack immer in Griffweite.

Aus langer Erfahrung: besteht auf einem Tisch in eurem Lagerraum! Es gibt nichts Lästigeres als keine geeignete Fläche zum Schüsseln abstellen, Packungen öffnen, Lebensmittel verpacken oder Umfüllen zu haben!

Das Thema Sauberkeit gilt genauso und vielleicht noch mehr für Abfall.
Jeglicher Kochabfall muss sofort entsorgt werden, achtet darauf, auch das aufzuheben, was euch evtl. beim Verarbeiten auf den Boden gefallen ist – auch und besonders wenn ihr draußen arbeitet. Wenn ihr das überseht, habt ihr bald eine Armee von anhänglichen Ameisen in eurer Küche.

Essensreste sofort wegpacken oder entsorgen oder wenigstens gut abdecken. Müllsäcke spätestens jeden Abend zum Müll bringen – Ungeziefer hat sich von Müllsäcken noch nie aufhalten lassen! (Besonders nicht in der Nacht, wenn man als Ratte reichlich Zeit hat, den lästigen Sack aufzubeißen.)

Ordnung halten hilft bei all dem!
Überlegt euch, was ihr mitnehmt und wie ihr es am Besten lagert und verwaltet. Je größer die Mengen, die ihr kochen müsst, desto wichtiger ist das alles.

Lebensmittelvorschriften
Oder: „DAS sieht aber gut aus! Darf ich mal kosten?“

Wer kennt das nicht? Man kocht bei einer öffentlichen Veranstaltung, die Besucher sind begeistert, interessiert, wollen probieren und man möchte ihnen SO gern den Wunsch erfüllen!
Bitte lasst es!
Da man in der mittelalterlichen Küche nur sehr schwer die Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit einhalten kann, könnt ihr gewaltige Schwierigkeiten bekommen, wenn ihr Essen ausgebt. Ganz besonders, wenn jemandem tatsächlich danach schlecht wird.
(Und nein, von den Leuten irgendwelche Erklärungen unterschreiben lassen, hilft nicht. Ihr seid an das Lebensmittelgesetz gebunden.)

WENN ihr so etwas unbedingt trotzdem machen wollt, dann sprecht das sehr gründlich mit eurem Veranstalter ab und sorgt dafür, dass die Verantwortung auch bei ihm liegt. Er muss sich dann mit den entsprechenden Behörden in Verbindung setzen und evtl. um eine Ausnahmegenehmigung ansuchen.
Macht euch in diesem Fall auf Zugeständnisse in euren Abläufen und in der Ausrüstung gefasst. Zum Beispiel müsst ihr damit rechnen, dass ihr nur Lebensmittel verwenden dürft, die nicht gekühlt werden müssen und/oder dass ihr keine unglasierte Keramik verwenden dürft.

Noch problematischer ist es, wenn ihr Geld für das Essen verlangen wollt. Dazu gehört auch die berühmte „freiwillige Spende“! DA kommt dann zu allem, was ich oben geschrieben habe, auch noch das Gewerberecht und eine Menge anderer rechtlicher Vorgaben dazu.

Kurz gesagt: Wenn ihr den Besuchern entgegen kommen wollt, schreibt lieber ein paar eurer Rezepte auf hübsche Handzettel und legt sie für interessierte Leute auf. Dann seid ihr auf der sicheren Seite und die Besucher gehen nicht ganz enttäuscht weg.
(Bitte bei Rezepten aus modernen Mittelalterkochbüchern auf Zitierregeln und das Copyright achten.)

Und weil zu diesem Abschnitt ganz sicher Kommentare komen werden, noch ein Disclaimer: Ich bin KEINE Rechtsexpertin! Was ich in diesem Abschnitt geschrieben habe, hat sich über die Jahre an Wissen und Erfahrung angesammelt und Details können sich von Land zu Land und auch von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Der Punkt ist: Das Thema ist heikel. Also informiert euch! Vorher! Und gründlich!

Küchenhelfer und Arbeitsorganisation
Oder: With A Little Help From My Friends

Ihr braucht Hilfe für das Feuer, aber auch Hilfe in der Küche. Mittelalterliches Kochen ist deutlich aufwendiger und dauert deutlich länger als das, was ihr gewöhnt seid.
Als Vergleich: 1 kg Mandeln im Cutter zerkleinern braucht Strom und dauert 5 Minuten. 1 kg Mandeln mörsern braucht Kraft, Ausdauer und dauert 4 Stunden oder mehr (Nein, das ist nicht übertrieben.).
Behaltet immer im Auge, dass Wasser für alle Arbeitsschritte erst einmal geholt werden muss, dass ein Lehmbackofen mehrere Stunden vorgeheizt werden muss, dass ihr keine modernen Hilfsmittel verwenden könnt und schließlich: dass ein offenes Feuer länger braucht um euren Topf heiß werden zu lassen als ein E-Herd.
Bei all diesen Überlegungen ist klar, dass ihr die Küchenarbeit nicht alleine machen könnt.

Wer immer euch hilft, sollte Bescheid darüber wissen, was ihr macht und warum. Plant gemeinsam, was ihr machen möchtet oder sprecht es wenigstens am Anfang kurz durch.
Informiert eure Küchenhelfer über eure Lagerung (wie oben schon erwähnt).
Bereitet die Zutaten, alle Werkzeuge und das Kochgeschirr gemeinsam vor. Überlegt euch, was ihr braucht, wann ihr was wofür verwenden wollt und stellt es bereit. Das erspart euch eine MENGE Probleme.

Und zu guter Letzt: Abwaschen, Putzen, Aufräumen ist NICHT zwangsläufig euer Job. Ihr müsst nur ein Auge darauf haben, dass er gemacht wird.
Wenn ihr ein Stück Kochgeschirr mehrmals am Tag braucht, muss es zwischendurch nun einmal gereinigt werden, wozu euch in den meisten Fällen die Zeit fehlen wird – ganz abgesehen von den Putz- und Aufräumarbeiten am Ende des Tages.
Besonders wenn eure Gruppe oder euer Küchenteam noch nicht gut eingespielt ist, müsst ihr gleich am Anfang der Veranstaltung klären wie diese Arbeiten organisiert werden und wie die Arbeitsaufteilung dafür aussieht.
Hier dürfen sich auch gerne einmal die austoben, für die ihr gekocht habt.

Bereitstehende Küchenausstattung
(Bild: Privat – Lenzburg, CH „Lenzburg 1173“)

Was kochen wir denn nun eigentlich?

Zu diesem Thema kann ich euch ein bisschen Theorie nicht ersparen, fürchte ich. Aber keine Angst, ich fasse mich kurz (oder versuche es zumindest).

(Ganz) kleine Lebensmittelkunde
Oder „Wir wissen, dass Kartoffeln aus Amerika kommen!“

Also nein, ich werde euch nicht zum x-ten Mal erklären, dass für die mittelalterliche Küche Kartoffeln, Tomaten, Schokolade oder andere amerikanisch-stämmige Lebensmittel tabu sind. Das fällt bei mir unter ‚logisches Denken‘.
Viel wichtiger als das ewige Kartoffelverbot, das ohnehin den meisten Leuten klar sein dürfte, ist nämlich die Frage nach dem ganz und gar europäischen „Wo“ und „Wann“.
Denn auch als „heimisch“ wahrgenommene Lebensmittel sollte man hinterfragen.

Nehmen wir als Beispiel den Buchweizen. Ja, es gab ihn. Aber relevant ist er zunächst ausschließlich im Osten Europas. Er verbreitet sich erst im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit langsam über den restlichen Kontinent.
Daher: wenn ihr nicht nur ungefähr mittelalterlich sondern gezielter für eure Region und Zeit kochen möchtet, hinterfragt, was ihr zu wissen glaubt.

Ganz grundsätzlich kann man aber sicher Folgendes festhalten:
Die Nahrungsgrundlage im Mittelalter sind Kohlehydrate in Form von Getreide. Verwendet wird es in allen seinen Formen – vor Allem als Brot und Brei, aber auch als Bier. Die dominante Getreidesorte ist regional und zeitlich verschieden, besonders wichtig sind aber Hirse, Weizen und Gerste.
Die Hauptproteinlieferanten sind Hülsenfrüchte und Milchprodukte. Letzteres vor Allem in Form von diversen Käsevarianten – vom Topfen oder Frischkäse bis zum Hartkäse.
Ansonsten wird viel Gemüse und in geringerem Maß auch Obst gegessen.
Und dann gibt es natürlich auch Fleisch, Fisch und Geflügel.
Außerdem findet man im ganzen Mittelalter Salz und diverse Kräuter, je nach Stand und finanziellen Möglichkeiten auch Gewürze, Honig und später Zucker.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen außerdem Nüsse – besonders die Mandel, die man vor Allem in Form von Mandelmilch gerade in der Fastenzeit, aber auch außerhalb davon vielfach verwendet hat.
Kochfette unterscheiden sich regional. Grob gesagt: Südeuropa kocht mit Olivenöl, nördlich der Alpen sind Butter und Schmalz gefragt. Stellenweise findet man auch Nussöle.
Getrunken wird abgesehen von Wasser – denn ja, natürlich hat man auch Wasser getrunken! – vor allem Wein, diverse Biervarianten, Milch und Milchprodukte (z. B. Molke), Fruchtsäfte und Most.

Ernährungsgewohnheiten und Kochzutaten
Oder: Die waren ja nicht blöd, damals!

Wer was wann in welchen Mengen gegessen hat, lässt sich nicht pauschal festlegen. Das ist zu abhängig von Zeit, Ort, Stand und vielen anderen Faktoren, wie etwa von den herrschenden wirtschaftlichen und politischen Umständen oder auch einfach von der Jahreszeit.
Und weil wir bei dem Thema sind ein weiterer Mythos zum Auseinandernehmen: Nein, die Bauern haben nicht ständig gehungert, während die Adeligen nur gefressen haben.
Natürlich gab es auch Hungersnöte, aber die waren üblicherweise lokal begrenzt und hatten deutlich mehr mit schlechten Ernten und miesem Wetter zu tun als mit den unglaublich fiesen Adeligen. Die eigene Landbevölkerung ständig auszubeuten und an den Rand des Hungertods zu jagen, wäre ja nun WIRKLICH kurzsichtig.

Sicher ist, dass der mittelalterliche Mensch im Allgemeinen nicht den ganzen Tag Fleisch, aber auch nicht ausschließlich Brei und Gemüseeintopf gegessen hat.
Auch die hohen Stände haben nicht täglich Fleisch gegessen. Alleine schon die Fastenregeln widersprechen dem. Es ist aber, wieder abhängig von Zeit und Ort, durchaus auch eine Frage der Verfügbarkeit.
Auf der anderen Seite hatten auch die niederen Stände Zugang zu Fleisch, wobei das Schwein für alle Stände der mit Abstand wichtigste Fleischlieferant war.
Wild als Fleischlieferant war übrigens nie wirklich relevant – unter den Knochenfunden (auch auf Burgen) liegt Wild bei unter 10% – manche Quellen führen sogar nur 5% an.

Und noch ein Mythos: Man hat Fleisch nicht überwürzt, weil es verdorben war. Auf die Gewürze komme ich weiter unten noch einmal zu sprechen, aber Fleisch kommt im Allgemeinen entweder frisch oder in haltbar gemachter Form (z. B. eingesalzen) auf den Tisch.
Wo tatsächlich laufend frisches Fleisch verkauft wird, wie etwa in den Städten des Spätmittelalters, gibt es sehr strenge Vorschriften zu Schlachtung, Lagerung und Verkauf. In diese Zeit fallen dann auch die Anweisungen wie mit ‚altem‘ Fleisch zu verfahren ist. Darunter ist aber keinesfalls verdorbenes Fleisch zu verstehen, sondern eben nicht mehr ganz schlachtfrisches.
Und um die Sache in eine verständliche Perspektive zu rücken: was heute in manchen Supermärkten frischhaltefolien-und-styproportassen-verpackt angeboten wird, würde durchaus auch von den Anweisungen zur Verwendung von altem Fleisch profitieren.
Kurz gesagt: Der mittelalterliche Mensch wusste ebenso gut wie wir heute, dass es gar keine gute Idee ist, schlecht gewordenes Fleisch zu essen. Man hat es damals zwar nicht Lebensmittelvergiftung genannt, aber die Konsequenzen waren deshalb ja nicht weniger deutlich.

Obst und Gemüse sind – auch in den hohen Ständen – sehr viel weiter verbreitet als oft angenommen wird. Selbst wenn man die Kochbücher außer Acht lässt, die hier natürlich eine offensichtliche Quelle darstellen, findet man eine lange Liste von bekannten und genutzten Pflanzen. Schon Karl der Große hat in seinem Capitulare de Villis das Pflanzen von einer großen Anzahl von Gemüse- und Obstsorten angeordnet. Die Archäobotanik liefert uns ganze Listen von Samen, Kernen und sonstigen Überresten, durch die sich Schlüsse auf die Pflanzennahrung der jeweiligen Zeit ziehen lassen. Und auch in medizinischen Auflistungen wie zum Beispiel in Causae et Curae von Hildegard von Bingen finden sich viele Speisepflanzen.
Apropos Hildegard. An dieser Stelle etwas, das ich immer dazu sage, sobald es um die Dame geht: Hildegard hat KEINE Kochrezepte oder gar ganze Kochbücher geschrieben. Die ‚Hildegardküche‘ ist ein Mythos. Mehr dazu hier.

Salz, Kräuter und Gewürze sind ein enorm wichtiger Bestandteil der mittelalterlichen Küche. Um gleich einmal einen weiteren Kochmythos zu demontieren: Salz wurde nicht mit Gold aufgewogen, sondern war ein ganz normales Lebensmittel. Da man zur Haltbarmachung eine große Menge davon gebraucht hat, wäre alles andere auch katastrophal gewesen. Salz war für weniger Betuchte sicher eine spürbare jährliche Investition, die man einzuplanen hatte, aber erschwinglich war auch das.

Gewürze sind da ein anderes Thema. Hier ist das „Wann“ besonders wichtig. Exotische Gewürze gibt es schon im Frühmittelalter, allerdings deutlich seltener und sie waren wohl tatsächlich ausschließlich für die höheren Stände erhältlich. Mit den Kreuzzügen und den damit entstehenden engeren Handelsbeziehungen in den Osten nimmt der Gewürzverbrauch in der Küche zu. Im weiteren Verlauf des Mittelalters sind Gewürze dann immer leichter, günstiger und damit auch zunehmend für die niedrigeren sozialen Schichten erhältlich.

Und hier kommen wir dann auch zum oben schon erwähnten Überwürzen. Es stimmt, dass in manchen Rezepten sehr große Mengen an Gewürzen genannt werden. Warum das so ist – dazu gibt es mehrere Ansätze.
Zunächst einmal kann es einfach eine kulinarische Modeerscheinung gewesen sein. So wie man heute gerne so ziemlich alles mit Chili würzt.
Die Angaben zu Gewürzen können auch Protzerei sein, wobei die Art der Gewürze relevanter ist als die Menge. Kochbücher waren zu der Zeit ausschließlich an andere Köche gerichtet und die konnten abschätzen, wie wertvoll die genannten Zutaten waren.
Eine andere Theorie spricht von Gewürzen, die auf dem langen Transportweg an Aroma verloren haben und daher in größeren Mengen verwendet werden mussten. Möglich ist auch, dass die Gewürze dieser Zeit grundsätzlich nicht die gleiche, hocharomatische Qualität hatten wie heutige Züchtungen.
Große Mengen von Gewürzen beziehen sich auch oft auf insgesamt große Mengen im Rezept. Wenn 50 Eier verwendet werden, überraschen auch 96 g Gewürze nicht.
Speziell in Bezug auf Fleisch ist es immer möglich, dass man mit haltbar gemachtem Fleisch gekocht hat. Vor Allem eingesalzenes Fleisch büßt an Geschmack ein, auch wenn es genießbar bleibt und braucht sicher mehr Würze als frisches.
Eine wichtigere Funktion der Gewürze lag aber nicht so sehr in der Quantität, sondern in deren medizinische Eigenschaften, die im Mittelalter eine große Rolle gespielt haben.

Ernährung und Medizin
Oder: Säfte statt Kalorien

Kochen und Medizin lassen sich im Mittelalter nicht trennen, dazu ist die Verknüpfung der Lebensmittel mit ihren medizinischen Eigenschaften zu eng. Hugh von St. Victor hat im 12. Jhd. dementsprechend das Kochen in seiner Einteilung der septem artes mechanicae auch bei der Medizin eingeordnet. (Septem artes mechanicae = Sieben praktische Künste = Handwerkskünste.)

Im Mittelpunkt der mittelalterlichen Ernährungslehre steht, im Gegensatz zur heutigen Medizin, nicht der Nährwert, sondern das medizinische Prinzip der 4-Säfte-Lehre. Diese medizinische Lehre ist seit der griechischen Antike verbreitet und geht in ihrer mittelalterlichen Verwendung auf den römischen Arzt Galen zurück.

Um es (sehr vereinfacht) zu erklären: Die vier Säfte des menschlichen Körpers – Blut, Schleim, Gelbe Galle und Schwarze Galle -, müssen immer im Gleichgewicht gehalten werden. Ist das nicht der Fall, wird der Mensch krank.
Beeinflussen kann man das Gleichgewicht der Säfte unter anderem durch deren Eigenschaften, die wie folgt eingeteilt werden: Blut – warm und feucht, Gelbe Galle – warm und trocken, Schwarze Galle – kalt und trocken und Schleim – kalt und feucht.

Jedem Lebensmittel sind korrespondierende Eigenschaften – also trocken, feucht, etc. – zugeordnet. Und hier kommen die Gewürze ins Spiel. Sie werden dem jeweiligen Lebensmittel beigegeben um dessen Eigenschaften auszubalancieren, die Balance der Säfte also zu unterstützen.
Selbst wenn in Kochbüchern die medizinischen Eigenschaften nicht oder nur stellenweise erwähnt werden, geht doch die Zusammenstellung der Zutaten auf die medizinischen Eigenschaften der einzelnen Lebensmittel zurück.

Würzsaucen
Oder: Auf keinem Tisch wegzudenken

Bei der medizinischen Seite der Küche setzen auch die im Mittelalter enorm wichtigen und beliebten Saucen an.
Dabei handelt es sich nicht um Saucen in unserem heutigen, europäischen Sinn, also Sauce aus Fleischsaft oder über dem Dampf aufgeschlagene Eiersaucen.
Statt dessen sind mittelalterliche Saucen Würzsaucen, die oft speziell einer Speise zugeordnet und separat hergestellt werden – ursprünglich eben mit dem Zweck, die Eigenschaften des Lebensmittels ideal auszubalancieren. Ist ein Lebensmittel also als feucht und kalt eingestuft, wird man versuchen, die Sauce trocken und warm zu gestalten.

Die älteste europäische Rezeptsammlung (12. Jhd), zum Beispiel besteht aus 11 Saucenrezepten und einem Rezept für eingelegten Ingwer.
Die Variationen quer durchs Mittelalter sind unendlich.
Es gibt diverse Versionen von Saucen aus sauren Flüssigkeiten wie Essig mit Kräutern und Gewürzen.
Ausgesprochen beliebt ist auch der Senf in diversen Zubereitungsarten.
Man kombiniert auch gerne gemörserte Mandeln oder Brot mit Gewürzen und Wein oder Mandelmilch für dickere Saucen.
Manche Saucen sind ganz einfach, andere haben lange Zutatenlisten aber alle haben ganz spezielle und sorgsam gewählte Eigenschaften.

Saucen finden sich in jedem mittelalterlichen Kochbuch, gehören auf jede Tafel und sind damit auch etwas, mit dem sich jeder Mittelalter-Koch beschäftigen muss.

Mittelalterliche Kochbücher
Oder: Leider ist es nicht so einfach (schon wieder)

Die überlieferten, mittelalterlichen Kochbücher sind mit heutigen nicht vergleichbar.
Im Gegensatz zu dem, was wir heute als Kochbuch kaufen, wenden sich die Rezeptsammlungen dieser Zeit ausschließlich an erfahrene Köche und – und das kommt für uns erschwerend hinzu – natürlich ausschließlich an Zeitgenossen.
Das bedeutet, dass viel Wissen vorausgesetzt wird, das wir heute schlicht nicht (mehr) haben.
So gibt es etwa kaum genaue Maßangaben – weder zu Mengen noch zu Kochzeiten. Genaue Anleitungen sind selten und oft genug fehlen sogar notwendige Zutaten. 
Salz wird, zum Beispiel, oft nicht genannt. Es wird davon ausgegangen, dass der Koch weiß, dass er salzen muss. Manchmal findet man dann ganz unten, am Ende einer Reihe von Rezepten sowas wie ‚Und salze nicht zu viel‘ oder ‚Vergiss nicht zu salzen‘.

Aber es wird noch komplizierter:
Für manche Rezepte muss man ähnliche Rezepte oder spätere Weiterführungen kennen um fehlende Zutaten oder Angaben annehmen zu können.
Oft ist es auch schwierig sich über die Zutaten selbst klar zu werden. Bezeichnungen sind schwammig, lokal verschieden oder überschneiden sich. An manchen Stellen sind die Übersetzungen von Übersetzungen (z. B. aus dem Arabischen ins Lateinische und von dort ins Früh-Neuhochdeutsche) fehlerhaft und es braucht viel Wissen um irgend etwas Sinnvolles herauslesen zu können.
Und schließlich muss man eine gewisse Erfahrung mitbringen, was das Kochen selbst angeht um ein historisches Rezept von der richtigen Seite anpacken und fehlende Details einfügen zu können.

Kochbuchumsetzungen und Rezeptinterpretationen
Oder: Doch, manchmal ist es auch einfach

Zum Glück gibt es Leute, die sich beruflich oder als Hobby sehr intensiv mit dem Thema beschäftigen. Ihnen haben wir eine Reihe von Büchern aber auch eine ganze Menge Internetseiten mit Rezeptumsetzungen zu verdanken.

Mit der Hilfe einiger dieser Leute habe ich eine Handvoll einfacher, leicht nachzukochender Rezepte zusammengestellt, damit ihr in das Thema hinein schnuppern könnt.

Die Links zu den Rezepten (falls vorhanden) enthalten Bilder und weitere Informationen.

An diese Stelle empfehle ich euch für alle weiteren Fragen die Facebookgruppe „Kochen im Mittelalter – Mittelalterliche Küche“. Dort treiben sich immer einige von uns herum und eure Fragen werden sicher auch beantwortet.

Rezepte
(Ja, endlich kommen wir zum interessanten Teil!)

Hier wäre zu beachten: Bei den untenstehenden Rezepten handelt es sich um die Interpretationen der jeweiligen Köche und nicht um in Stein gehauene Anweisungen.
Ich rate euch, die Originalrezepte anzusehen und euch eure eigenen Gedanken dazu zu machen. Das ist ein großer Teil des Spaßes mit diesem Hobby: Man weiß nie so ganz genau was dabei heraus kommt 🙂

Zanzarelli – Suppe mit Käse, Eiern und Brot

Quelle: Libro de Arte Coquinaria von Maestro Martino (15. Jhd) – Maestro Martino bzw. Martino de Como gilt als der erste ‚Celebrity Chef‘ der Geschichte. Seine Grabstein trägt sogar die Inschrift „König der Köche“
Interpretation: Wolfgang Haberl und das Team des „Blogs von Guter Speise“
Link zum Rezept

Zutaten für 4 Personen:
6 Eiern
150 Gramm Parmesan (oder mehr nach Geschmack)
40 bis 70 Gramm Semmel- oder Weißbrotbrösel
2 Liter Hühnerbrühe

Eine gute Brühe kochen, meistens machen wir dafür eine Hühnerbrühe.
Käse schneiden, hacken oder mörsern.
Trockenes Weissbrot zu Brösel mörsern.
Käse, Eier, Brot vermengen.
Die Masse langsam in die kochende Brühe einrühren (dabei sind wir immer zu Zweit)
Unter langsamen Rühren aufkochen lassen.
Dann nochmals mit einem Quirl dafür sorgen, das die Suppe schön “körnig” wird.
In Schüsseln geben und mit gemörsertem Pfeffer bestreuen.

Wildbraten aus Rindfleisch – Fleischbällchen mit Fleischbrühe und/oder Sauce

Quelle: Innsbrucker Kochbuch Cod. Vind. 5486 (15. Jhd)
Interpretation: Martin Roßmeier, IG 14. Jahrhundert
Link zum Rezept

800 g gehacktes Rindfleisch
2 Eier
Fleischbrühe zum Kochen (es ist auch nur Wasser möglich)
(Anm: Das Fehlen von Gewürzen ist hier Absicht. Die Fleischbrühe oder Saucen liefern die Würze, ich persönlich würde aber salzen.)

Wir haben relativ kleine Bällchen geformt. Aber auch große Fleischbällchen bleiben beim langsamen Garen in Wasser oder Brühe stabil und zerfallen nicht.
Im Rezept wird Garen in Wasser angeführt, wir haben in Brühe gegart, da wir gerade welche hatten.
Zu den Bällchen soll „dann eine gute Pfeffersauce, die gelb sein soll, oder eine Sauce oder eine gute Brühe“ gereicht werden, wir haben die Bällchen mit „Preiselbeersauce mit Lebkuchen“ und „grüner Sauce aus Knoblauch“ verspeist.
Die Bällchen an sich sind völlig ungewürzt, und schmecken deshalb schön unverfälscht „fleischig“ nach Rind. Das harmoniert ganz wunderbar mit den Saucen.

Preiselbeersauce mit Lebkuchen (zu den obigen Fleischbällchen)

Quelle: Innsbrucker Kochbuch Cod. Vind. 5486 (15. Jhd)
Interpretation: Martin Roßmeier, IG 14. Jahrhundert
Link zum Rezept

250 g frische oder eingefrorene Preiselbeeren
Saucenlebkuchen nach Geschmack, gerieben bzw. fein gemörsert
Essig oder Wein nach Geschmack

Preiselbeeren mörsern.
Mit Lebkuchen und Essig oder Wein abschmecken.
Durchziehen lassen.
Servieren.

Eine grüne Sauce aus Knoblauch (zu obigen Fleischbällchen)

Quelle: Innsbrucker Kochbuch Cod. Vind. 5486 (15. Jhd)
Interpretation: Martin Roßmeier, IG 14. Jahrhundert
Link zum Rezept

1 Bd Petersilie
Knoblauch nach Geschmack
1 altbackene Semmel oder entsprechend viel Weißbrot
Fleischbrühe nach Wahl
Salz nach Geschmack

Petersilie und Knoblauch sehr fein mörsern.
Brot kleinschneiden und in Fleischbrühe gut einweichen.
Danach das Brot ebenfalls gründlich mörsern und mit der Petersilie und dem Knoblauch vermischen.
Nach Wunsch durch ein Tuch passieren (wenn es sehr fein werden soll).Mit Essig oder Wein abschmecken.
Salzen.
Durchziehen lassen und servieren.

Limonia – Zitronenhuhn

Quelle: Liber de Coquina –Liber de Coquina-Teil (13. Jhd) – Das Liber de Coquina liegt vom Anfang des 14. Jhd. vor. Es besteht aus zwei Teilen – dem Tractatus, das ist der ältere Teil, und dem Liber de Coquina, das etwa 30 – 50 Jahre später entstanden ist.
Interpretation: Wolfgang Haberl und das Team des „Blogs von Guter Speise“
Link zum Rezept

Zutaten für 4 Personen
1 Hühnchen
1 L guter Hühnerbrühe
1/2 Pfund Mandel (oder 1 L Mandelmilch)
1-3 Zitronen/Limonen je nach Größe und “Saftigkeit”.
1 Zwiebel, klein geschnitten
etwas Schmalz oder Speck zum Anbraten
etwas Brot oder Mehl zum Eindicken der Sauce
Salz nach Geschmack

Zubereitung:
Zerstossene/gemahlene Mandeln mit Hühnerbrühe aufkochen.
Brühe durch ein Seihtuch filtern und zurück in den Topf geben.
Hühnchen vierteln und in der Pfanne mit Schmalz oder Speck und Zwiebel anbraten.
Die gebratenen Hühnchenteile in den Topf mit der Mandelbrühe geben und auf kleinem Feuer köcheln lassen.
Das Hühnchen aus der Brühe nehmen und in eine Servierschüssel geben.
Hühnchen mit Zitronensaft beträufeln und mit Tuch abgedeckt ziehen lassen.
Die Brühe eindicken (mit Brot oder Mehl, Wolfgang nimmt am liebsten Reismehl)
Vor dem Servieren Sauce in die Schüssel zu den Hühnchen geben.

MacrowsNudeln mit Butter und Käse

Quelle: The Forme of Cury (14. Jhd) – „Cury“ ist Mittelenglisch und bedeutet „kochen“.
Interpretation: Wolfgang Haberl und das Team des „Blogs von Guter Speise“
Link zum Rezept

Zutaten für 4 Personen:
500 g Mehl
1 Ei
etwas Öl
Butter nach Geschmack
geriebener oder gemörserter Hartkäse nach Geschmack (z. B. Bergkäse oder Parmesan)
Salz nach Geschmack

Zubereitung:
Mehl mit Wasser, ein klein bisschen Öl und Ei zu einem Teig verkneten.
Den Teig lange an einem kühlen Ort ruhen lassen.
Den Teig stückweise dünn ausrollen und in gewünschte Form schneiden.
Nudeln zum Trocknen auslegen.
Wasser im Topf zum Kochen bringen und salzen.
Nudeln bissfest kochen und mit der Schaumkelle aus dem Topf holen.
Butter in einem Topf oder einer Pfanne schmelzen.
(Nicht im Orginalrezept: Frische Salbeinlätter in der Butter frittieren)
Käse reiben bzw. extrafein hacken (bzw. Hartkäse mörsern).
Abwechselnd Nudel, Butter und Käse in eine Servierschüssel geben.
Servieren.

Linsen mit Pfifferlingen oder Morcheln

Quelle: De Re Coquinaria (Apicius) – (4. – 8. Jhd) – Apicius‘ Rezepte gehören zwar, streng genommen, in die Spätantike aber die Rezepte wurden bis ins 8. Jhd weitergegeben, daher kann man davon ausgehen, dass sie um diese Zeit auch noch verwendet wurden.
Interpretation: Philipp Bauer
Veröffentlicht in: Stadler, Leah-Morgana (Hrg.) „Küchenmeistery II auf der Bachritterburg Kanzach“, Eigenverlag, München, 2019

Zutaten für 4 Personen:
400 g Linsen
600 g Pfifferlinge
6 EL Honig
100 ml Essig
300 ml Traubensaft
ca. 800 ml Brühe
Pfeffer
Kümmel
Koriandersamen
Minze
Raute

Zubereitung:
Am Anfang füllen wir die Linsen mit der Brühe in einen Topf und kochen diese weich. Damit die Linsen nicht zu viel überschüssige Flüssigkeit haben, nicht zu viel Brühe verwenden, sondern lieber nach Bedarf schrittweise hinzu geben.

Nun bleit Zeit, die Gewürze im Mörser zu zerkleinern, den Traubensaft bei niedriger Hitze einreduzieren zu lassen und die Pilze zu putzen und klein zu schneiden.

Die Pilze werden leicht angeschwitzt und mit Zugabe von Brühe leicht gesotten. Wenn dies erledigt ist, mischt man sie unte die Linsen, gibt den Essig, den Honig und die Reduktion dazu und schmeckt das Ganze mit den gemahlenen Gewürzen ab.

Im Originalrezept wird Abziehen (Eindicken) erwähnt. Das wurde mit in Wasser angerührtem Mehl gemacht. Anschließen lässt man alles noch einmal aufkochen.

Apfel- oder Birnenkompott mit Ei

Quelle: Liber de Coquina – Tractatus-Teil (Ende 12./Anfang 13. Jhd) – Das Liber de Coquina liegt vom Anfang des 14. Jhd. vor. Es besteht aus zwei Teilen – dem Tractatus, das ist der ältere Teil, und dem Liber de Coquina, das etwa 30 – 50 Jahre später entstanden ist.
Interpretation: Christa Schwab

Zutaten für 4 Personen als Nachtisch:
6 – 8 Äpfel oder Birnen, geschält und klein geschnitten
1 – 2 Eidotter (abhängig von der Größe des Eis und der Äpfel)
1 – 2 EL Butter oder Butterfett
Nach Wunsch etwas Honig (nicht im Originalrezept vorgesehen)

Zubereitung:
Die Äpfel zu Muß zerkochen und etwas abkühlen lassen.
Die Eidotter einrühren und zurück aufs Feuer stellen.
Unter ständigem Rühren Butter dazu geben, bis die Masse schön glänzt.
Bei Bedarf mit etwas Honig süßen.
Noch warm servieren.
(Zusatz: Lässt man das Ganze kalt werden, kann es wie Marmelade auf Brot gegessen werden.)

Weizen-, Hafer-, Reis- oder Hirsebrei

Quelle: Liber de Coquina – Tractatus-Teil (Ende 12./Anfang 13. Jhd) – Das Liber de Coquina liegt vom Anfang des 14. Jhd. vor. Es besteht aus zwei Teilen – dem Tractatus, das ist der ältere Teil, und dem Liber de Coquina, das etwa 30 – 50 Jahre später entstanden ist.
Interpretation: Christa Schwab

Zutaten für 4 Personen:
250 g Getreide nach Wunsch
1 L Milch oder Mandelmilch
etwas Salz
Zucker oder Honig oder Obstmus nach Wunsch

Zubereitung:
Getreide gut waschen und bei Bedarf über Nacht vorquellen lassen (Das ist vor allem beim Weizen und Hafer sehr nützlich).
Das Getreide mit der Milch und dem Salz aufsetzen und köcheln lassen bis das Getreide weich ist. Gründlich umrühren und vor Allem gegen Ende nicht mehr aus den Augen lassen!
Sollte das Getreide noch nicht ganz weich sein, wenn der Brei schon sehr dick wird, kann man auch noch etwas Wasser zugeben.
Nach Wünsch süßen und servieren.

Dreierlei Knoblauchsenf

Quelle: Puch von den Chosten – (15. Jhd) Original aus dem 11. Jhd arabischer Raum, Übersetzung ins Lateinische in Italien im 13 Jhd, Übersetzung ins Frühneuhochdeutsche im 15. Jhd)
Interpretation: Ylva Schwinghammer (Universität Graz)
Ylvas Blog:
„Nahrhaftes Mittelalter“ (Unbedingt sehenswert – Besonders auch wegen der wunderschönen Fotos – Ylva schafft es Eintopf gut aussehen zu lassen!)
Link zum Rezept

Zutaten:
2 EL gepresster Knoblauch (=3 Knoblauchzehen)
20 Pistazien oder eine Handvoll Walnüsse oder 2 EL geriebene Mandeln
½ Scheibe Toastbrot (getoasted) oder 2 EL Semmelbrösel
6 EL Senfsaat, gemörsert oder 2 EL Senfpulver
6 EL eher milden Essig
8-12 EL Wasser
Salz, Pfeffer, Muskatnuss

Zubereitung:
Gepressten Knoblauch mit gemahlenen oder gemörserten Nüssen und zerkleinertem Brot (wahlweise Semmelbrösel) und Senfpulver gut vermischen.
Essig und Wasser hinzufügen und gut durchrühren. Der Wasserbedarf hängt von den verwendeten Zutaten ab, hier tastet man sich am besten langsam heran.
Mit Salz, Pfeffer und etwas geriebener Muskatnuss würzen.
Wenn der Senf zu scharf erscheint, kann man noch 1-2 EL Honig hinzufügen.

Wünscht man sich feineren Senf, kann man die Mischung am Schluss noch mit dem Pürierstab bearbeiten.
(Anmerkung: Senf soll idealerweise einige Tage vor der Verwendung zubereitet werden, da er durchziehen muss. Notfalls kann man diese Zeit auf eine Nacht verkürzen aber je länger er zieht, desto besser schmeckt er!)

Und zum Mitnehmen zur Veranstaltung:
Cadich: Orientalisch gewürztes ‚Beef Jerkey‘ gegen Heißhungerattacken

Quelle: Puch von den Chosten – (15. Jhd) Original aus dem 11. Jhd arabischer Raum, Übersetzung ins Lateinische in Italien im 13 Jhd, Übersetzung ins Frühneuhochdeutsche im 15. Jhd)
Interpretation: Ylva Schwinghammer (Universität Graz)
Ylvas Blog: „Nahrhaftes Mittelalter“ (Unbedingt sehenswert – Besonders auch wegen der wunderschönen Fotos – Ylva schafft es Eintopf gut aussehen zu lassen!)
Link zum Rezept

Zutaten für 500 g Fleisch:
500 g Rindfleisch (z.B. Rindsschnitzel)
6 EL Sojasauce (bevorzugt eine dunkle, dickflüssige)
3 EL Essig (z.B. Reisessig, Weißweinessig)
1 TL Koriander gemahlen
1 TL Kreuzkümmel gemahlen
1 TL Salz
1 TL schwarzer Pfeffer gemahlenSojasauce, Essig, Koriander, Kreuzkümmel, Salz und Pfeffer miteinander verrühren.

Zubereitung:
Fleisch in hauchdünne Streifen schneiden und 12 bis 24 Stunden (am besten über Nacht) in der Marinade ziehen lassen. Darauf achten, dass alle Fleischstreifen von Marinade bedeckt sind.

Fleischstreifen auf einem Grillrost verteilen und bei 40-50 Grad Umluft im Backrohr dörren. Das dauert – abhängig von der Dicke der Fleischstücke – in etwa 3 Stunden. (Tipp: Backpapier unter den Rost legen, um Verschmutzung durch abtropfende Marinade zu verhindern)

Cadich sollte gut verschlossen und aufbewahrt sehr lange haltbar sein. Bei uns hat bisher keine Ladung den hungrigen Mäulern lange genug Stand gehalten, um genauere Angaben zu machen…

Literatur.
Oder: Werft euer Geld nicht aus dem Fenster!

Wie so oft in unserem Hobby ist es am Anfang nicht ganz einfach die richtige Literatur in die Hand zu bekommen. Leider gibt es da draußen sehr viel mehr schlechte als gute Bücher zu dem Thema.
Und leider sind die schlechten schon deutlich länger und häufiger im Umlauf als die guten.
Hier sind drei Einsteigerwerke, die ich empfehlen kann. Alle drei enthalten solide Theorie und gut zugängliche Rezepte (für die Rezensionen und weitere Informationen zu den Büchern bitte auf den Titel klicken):

Hannele Klemettilä „Das Kochbuch des Mittelalters“

Trude Ehlert „Kochbuch des Mittelalters“

Peter Lutz „Herrenspeis und Bauernspeis“, „Mein New Kochbuch“ und „Orientalisch-mittelaterliche Küche

(Sehr viele) weitere und weitergehende Literaturtipps findet ihr in meiner Literaturliste.

14 Gedanken zu „Mittelalterliche Küche für Einsteiger“

  1. Hallo Christa,

    eine phantastische Übersicht, die ich auch durch meine 10 jährige Kochtätigkeit auf der Ronneburg zu 100 Prozent unterschreiben kann. z. B. nach einem Tag am Kochfeuer sollte man sich mal die Nase putzen! Alles ist schwarz. Ein über Nacht in einer schweren Holzkiste gelagertes 2 Kilo Brot war am nächsten Morgen erstaunlich leicht. Mäuse hatten durch ein kleines Loch das gesamte Brot ausgehölt. Bei einer Kollegin wurde ein solches Brot gleich als Mäusenest zweckentfremdet. Durch Abschlagen eines Holzlöffels auf einen Tontopf bekam dieser einen kaum sichtbaren Haariss. Wasser lief zwar aus, aber Brei konnte man weiterin darin kochen. Zum Aufbewaren von Lebensmittel diente er allemal.
    Wichtig ist auch die Spülmanschaft, den man braucht die einzelnen Gerätschaften mehrfach am Tag, zumal niemand gerne spült.

    Weiter so und viele liebe Grüße
    Peter

    1. Lieber Peter,
      vielen Dank für dein Lob!
      Und du hast Recht – das Abwaschen fehlt noch. Sollte ich noch mit rein nehmen.
      Liebe Grüße
      Christa

  2. Hallo Christa,
    vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag!
    Da es das einzige ist, was ich gar nicht vor Augen hatte eine Anmerkung zu den Aspikgerichten. Gerichte mit größeren Mengen an Aspik, Gelatine oder Jelly scheinen derzeit ein aufkommender Lebensmitteltrend zu sein. Der Trend kommt, glaube ich, grade aus Asien und Russland. Meist scheinen diese Jelly Gerichte aber Torten zu sein, in denen der Jelly für besondere Effekte eingesetzt wird.
    Den Wandel von Geschmack kann man auch sehr gut an der Auswahl von Produkten in Supermärkten bemerken.
    Viele Grüße
    Antonia

    1. Hallo Antonia,

      ja, in Asien haben Jellies in allen möglichen Formen eine weit längere Geschicht und sind sehr viel weiter verbreitet.
      Das beginnt bei Grasjelly und endet bei Konjaku mit vielen Zwischenschritten.
      Es wundert mich daher wenig, dass diese Produkte bei uns langsam wieder stärker Fuß fassen, wenn auch nicht aus den selben Gründen wie in den 50ern.

      LG
      Christa

  3. Vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel!
    Ich bin kein Koch, aber Gärtnerin, und als solche möchte ich zwei Dinge ergänzen:
    Zum einen ist die Auflistung dee Gemüsesorten der Capitulare de Villis umstritten, zumindest was das Pflanzen in einer Region angeht. Es gibt Sekundärquellen, die vermuten, dass der Schreiber nur zeigen wollte, wieviele verschiedene Sorten Gemüse er kennt.
    Zum zweiten, und das ist für das historische Kochen relevanter, muss man sich bewusst sein, dass es bei der Gemüseauswahl nicht nur um die Kartoffel/Tomate-Diskussion geht, und auch nicht nur um regionale Unterschiede. Auch das Gemüse selbst, dass wir heute im Supermarkt einkaufen, unterscheidet sich meilenweit von dem, was im Mittelalter verfügbar war. Alle heutigen Sorten (auch die, die als „alte Sorten“ o.ä. vermarktet werden, sind moderne (höchstens 200 Jahre alte) Züchtungen. Wir wissen heute einfach nicht mehr, wie eine mittelalterliche Möhre aussah oder geschmeckt hat, weil die gezielte Züchtung und Verbesserung erst viel später praktiziert wurde. Ganz sicher gilt das auch für kultiviertes Obst.

    Wenn man es also ganz genau nimmt, ist heute kein Essen mehr historisch korrekt oder authentisch.

    1. Hallo Salka,

      was du schreibst ist absolut korrekt, hätte in diesem Artikel aber schlicht zu weit geführt.
      Ursprünglich war die ganze Sache dreimal so lang und wurde von mir dann striktest eingekürzt – für Einsteiger ist der Theorieteil streng genommen jetzt schon zu lang …
      Aber wie gesagt: du hast recht.

      LG
      Christa

      1. Hallo Christa,
        ja, das stimmt, das Thema ist sehr umfangreich. Für mich persönlich ist es die Ausrede, es mit dem historisch-korrektem Kochen nicht allzu genau zu nehmen. Da wir selbst anbauen, gibt es auch auf Märkten meist das, was grad reif ist 😅

  4. Hallo Christa,
    ich habe den Artikel gerade mit Genuß gelesen. Die spektakulären Neuigkeiten hat er mir persönlich nicht gebracht, dafür aber ein paar interessante Details.
    Und ja, auch mir ist noch kein Tontopf um die Ohren geflogen, aber ich habe gelernt, dieses ganz spezielle „Pling“-Geräusch zu fürchten.

    1. Hallo 🙂

      Schön von dir zu lesen 🙂 Danke fürs Lob und ja, das PING kenne ich auch. Aber zumindest ist es normalerweise nur für die Suppe gefährlich.
      Liebe Grüße
      Christa

  5. Liebe Christa,

    das ist ein wirklich sehr schöner Artikel. Vielen Dank dafür. Eine Frage hätte ich dazu allerdings: Du erwähnst, dass es historische korrekte Mörser zu kaufen gibt. Könntest du mir verraten wo? Das wäre mir eine große Hilfe.

    Viele Grüße
    Nico

    1. Hallo Nico,
      danke für das Lob. 🙂
      An sich kannst du jeden Steinmetz darum bitten, wenn du entsprechende Zeichnungen liefern kannst – Versandkosten sparst du damit auf jeden Fall 😀
      Wenn es ganz genau sein soll, würde ich dir empfehlen, dich mit Funden aus deiner Zeit und Gegend zu beschäftigen. Dein lokales Museum kann da sicher weiterhelfen.
      Ansonsten habe ich in diesem Artikel was zu Mörsern fürs Hochmittelalter geschrieben, inklusive Fundzeichnungen aus England (bisschen runterscrollen zum entsprechenden Abschnitt): https://friedrich-und-hildegard.at/2020/05/24/versuch-einer-kuecheninventur-kochutensilien-im-12-jahrhundert/
      Kaufen kann man solche Mörser sonst zum Beispiel auch hier: https://archaeopedi.de/

      Liebe Grüße
      Christa

      1. Liebe Christa,

        danke für die schnelle Antwort! Deine Kücheninventur hatte ich sogar schonmal gelesen, die Zeichnungen der Mörser sind aber irgendwie nicht im Gedächtnis geblieben 😀 Zumindest zeitlich passen die aber sehr gut, vielen Dank für den Hinweis.

        Liebe Grüße
        Nico

  6. Hallo, welch großartiger Artikel. Mit Wonne hab ich ihn verschlungen.
    Vielen lieben Dank für die Arbeit.

    Ich habe da mal eine Frage.
    Wurde das Getreide mit Mahlsteinen geschrotet? Wenn man jetzt zb Grütze gemacht hat. Und aus welchem Material waren die? Gab es da Steinmehl im Essen? Wie wurde das vertragen? Oder wurde das irgendwie nachträglich entfernt?

    Hinsichtlich des Aspiks, ich habe letztens das Buch über deutsche Esskultur vom Gastrosophen Peter Peter gelesen. Da beschreibt er ein Rezept von Mandelsulz. Da wurde die Gelatine aus ausgekochten Kalbsfüßen hergestellt.
    Das Rezept habe ich zu Hause nachgemacht, allerdings ohne Kalbsfüße auszukochen, auch habe ich Agar Agar stattdessen genommen. (ich lebe hauptsächlich vegan)
    Ja, historisch nicht korrekt, aber die angerösteten Mandelstücke und aufgekochte gesüßte Mandelmilch, einfach eine grandiose und harmonische Kombination. Sehr zu empfehlen.

    Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Restwoche.

    LG Friedrich

    1. Hallo Friedrich,

      es gibt mehrere Abhandlungen zum Thema Mühlsteine. Im Prinzip waren sie aus dem härtesten Stein, der in der Gegend zu bekommen war. Es wurden aber durchaus auch Steine ex- und importiert. Ich habe die genauen Arten jetzt nicht im Kopf aber wenn ich das nächste Mal darüber stolpere, füge ich hier einen Kommentar dazu ein.
      Also ja, das Mehl wurde mit MÜhlsteinen gemahlen. Im Hochmittelalter schon hauptsächlich in großen Mühlen, es waren aber stellenweise durchaus auch noch kleine Handmühlen in Gebrauch.

      Zum Thema Mandelsulz: ich habe in einem Artikel etwas ähnliches beschrieben, das ganz ohne Geliermittel auskommt. Du kannst das hier im Blog nachlesen: https://friedrich-und-hildegard.at/2019/07/16/vom-mandeln-melken-und-was-danach-geschah/

      LG Christa

Schreibe einen Kommentar zu Friedrich Ebert Friehmann Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert