Immer wieder einmal tauchen in Gesprächen Fragen nach verwendeten Kochtechniken im Mittelalter auf. „Hat man im Mittelalter eigentlich schon …“ gebacken / ganze Fleischstücke am Spieß gebraten / Gemüse eingelegt / Spiegeleier gemacht / etc.
Daher habe ich mir jetzt einmal das Liber de Coquina zur Hand genommen und habe herausgeschrieben, was für Kochmethoden dort zu finden sind.
Ich muss zugeben, dass ich, trotz meiner bisherigen intensiven Beschäftigung mit der Materie, überrascht war, wie vielfältig die Kochtechniken sind.
Hier sind also meine Ergebnisse:
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Als Grundlage für diese Auflistung dient das Liber de Coquina in der Übersetzung von Robert Maier.
Maier, Robert (Hrsg.) „Liber de Coquina – Das Buch der guten Küche“, F.S. Friedrich Verlag, Frankfurt am Main, 2005
Viele der genannten Methoden kommen öfter vor. Ich nenne hier jeweils das Rezept (bzw. dessen Nummer), in dem sie als erstes vorkommen.
Hier nicht genannt habe ich die GANZ ausgefallenen Methoden wie das Einsetzen von lebenden Vögeln in eine Pastete.
Ausgenommen habe ich auch Vorbereitungsarbeiten wie Rupfen, Enthaaren usw.
1.1
Färben von Speisen und Getränken mit Safran
1.3
Klären von Flüssigkeiten mittels Eiweiß
1.9
Klären von Flüssigkeiten mittels Filtern
1.14
Aromatisieren von Wein durch Zugabe von Gewürzen (ungekocht)
1.16
Herstellung von ‚Likören‘ durch Zugabe von Obst/Beeren und Süßungsmittel zu Wein und anschließendem Reifenlassen (Mazeration). (Wobei ‚Likör‘ nach heutiger Definition mit gebranntem Alkohol hergestellt wird, gewöhnlich mit einer Stärke zwischen 15 und 40 Volumensprozent. Der hier genannte Beerenwein ist also eine Vorstufe.)
1.19
Herstellung von Fruchtsirup durch Einkochen.
1.20
Herstellung von Fruchtsaft durch Pressen (im LdC wird dieses Rezept mit ‚Cidre‘ übertitelt, im Rezept wird aber kein Gärprozess genannt, wie er für heutigen Cidre notwendig wäre.)
2.1
Im Ganzen grillen am offenen Feuer
Abbrühen bzw. abkochen von Fleisch vor dem Braten oder Grillen (Es wird hier erwähnt, dass das Fleisch sich ‚ausdehnen‘ soll – das scheint mir nicht besonders schlüssig. Aber es gibt die Methode Fleisch kurz abzubrühen heute noch in der asiatischen Küche um eventuelle Gerüche zu entfernen. Durchkochen des Fleisches ist sinnvoll, wenn man sicher sein möchte, dass es gar ist bevor es z. B. auf einen Spieß kommt – das wird zum Teil auch heute bei Spanferkel gemacht.)
2.2
Füllen von Hühnern im Inneren sowie Unterfüllen der Haut mit einer Fülle/Gewürzmischung, danach grillen
Zugabe von Fett für wenig fettes Grillgut (einreiben mit Speck)
Auslassen von Speck über dem offenen Feuer
Servieren der fertigen Speise mit einer im Nachhinein durch den Essenden hinzugefügten Würze
2.3.
Herstellung von Pasteten mit Fleischfülle
2.4
Schmoren im geschlossenen Topf
Abmildern von zu viel Salz durch Säure
2.5.
Kochen in Wasser (das wird vorher schon einmal erwähnt aber nicht als Hauptgarmethode)
2.6
Legieren von Flüssigkeiten durch Eidotter in Verbindung mit Milch
Herstellung von gehacktem Fleisch für Fleischbällchen, hacken mit zwei Messern
2.7
Auskochen von Knochen und anschließendes Filtern für klare Suppen
Eindicken von Flüssigkeiten durch Zugabe von geriebenem Brot
2.8
Herstellung einer Saucenbasis durch Auffangen von Fett beim Grillen, kombiniert mit der Zugabe von Wein und Obst oder Gemüse in der Fettpfanne
Servieren der Speisen mit einer extra zu bereiteten Würzsauce, die vom Essenden beigegeben wird (hier: Knoblauchsauce)
2.9
Anbraten (und damit karamellisieren) von Lauchgemüse vor der Weiterverarbeitung
Laufendes Übergießen des Grillgutes mit dem eigenen Fett
2.11
Erst durchgaren von Fleisch durch Kochen, dann Röstaromen erzeugen durch Braten in Schmalz
2.13
In Wein beizen und marinieren von Fleisch
Langsames Schmoren im offenen Topf
2.15
Schaum abschöpfen bei Fleischsuppen
2.17
Herstellen von Sülze ?? (Das Rezept wird mit ‚Sülze‘ betitel. Ich bin hier aber nicht sicher, ob das tatsächlich Sülze im heutigen Sinn ist. Das Garen von Schweinsohren, -füßen und -kopf in kleinen Stückchen und das abschließende Abkühlen lassen würde darauf hindeuten. Außerdem war das Herstellen von Gelatine-Massen sicher bekannt, wie man bei der Aufbewahrung von Fischen in Gelatine sieht. Später im Rezept wird aber erwähnt, dass man die ‚Sülze‘ auf dem Rost grillen kann. Das passt widerrum nicht dazu. Es wird auch nicht erwähnt, dass man das Fleisch in der Suppe auskühlen lässt, was für Sülze notwendig wäre. Aber eventuell werden die Fleischstücke zum grillen aus der gestockten Gelatine herausgelöst?)
2.18
Herstellen von gebrühter und dann geräuchterter Wurst
Herstellen von roher und dann geräuchterter Wurst
Braten von rohen Würsten
Kochen von rohen Würsten
Fein hacken von Fleisch mit zwei Messern
3.2.
Konservieren von Fisch in Gelatine (ich gehe hier von Gelatine aus Fischabfällen aus, im Rezept 9.1 wird darauf noch einmal ausführlicher eingegangen und extra das Auskochen von Schuppen für besseres Gelieren genannt)
Konservieren in Essig
Zerstoßen von Gewürzen und Kräutern im Mörser
3.3
Garen im Teigmantel
Garen von Fisch in saurer Flüssigkeit (blau kochen)
4.1
Vorwaschen von Getreide
Zerstoßen von Fleisch im Mörser
Zerstoßen von Getreide zu Mehl im Mörser (Vor Allem von Reis – Es wäre hier sehr spannend, welche Sorte Reis verwendet wurde. Abhängig davon hätte die fertige Blancmanger nämlich evtl. eine Konsistenz wie japanische Mochi also klebrig-elastisch, leicht gummiartig. In dem Fall würde der genannte Puderzucker auch das Kleben reduzieren. Im später vorkommenden Rezept Nr. 7.47 für Mammonia gibt es den Zusatz ‚Es soll steif werden wie Reis‘, was auf eine tatsächlich sehr feste Konsistenz hindeutet.)
Rösten von Nüssen in Öl
Rösten (und karamellisieren) von Nüssen in Honig
Nachquellen von Getreide
4.2
Herstellen bzw. Verwendung von getriebenem Teig (Details zur verwirrenden Geschichte von Hefeteig hier)
Frittieren von Teig in Fett
Verwendung von spezialisiertem Gerät für eine bestimmte Speise (Schüssel mit Loch, heute verwendet man dafür einen Trichter)
Überziehen von noch heißem Backgut mit Sirup
Herstellen von Sirup aus Zucker oder Honig
Formen von Teig mit einem Nudelholz (so interpretiere ich das jedenfalls)
4.3
Reiben von Brot
4.6
Zerkochen von Obst zu Mus
4.9
Kochen von ungemahlenem Getreide zu Brei
4.11
Schmelzen von Käse in Suppe
4.12
Schmelzen von Käse über offenem Feuer als Brotbelag
5.1
Zerstoßen von Obst im Mörser
5.2
Rösten von Brot mit Butter über dem Feuer
Herstellen einer Kruste mit Mehl
5.4
Zerstoßen von Gemüse im Mörser
Andicken von Speisen mit Mehl
5.6
Einweichen von Hülsenfrüchten vor dem Kochen
5.7
Passieren durch ein Sieb
Schälen von Hülsenfrüchten nach dem Kochen
5.10
Herstellen von haltbaren Würzsaucen durch Zugabe von Essig oder Agresta
5.13
Frittieren von gefüllten Teigbällchen in Fett
5.14
Herstellung einer gestockten Ei-Käsemasse im Teigmantel
5.15
Aufbewahren von Fleisch in Essigsud
5.20
Schmoren von Obst in Butter
5.21
Braten von Eiern in Fett (Spiegeleier)
6.3
Erst durchgaren von Gemüse durch Kochen, dann Röstaromen erzeugen durch Braten in Schmalz
6.12
Herstellen von Fischbällchen
Herstellen von Fleischwürstchen ohne Haut
6.17.3
Pochieren von Eiern (Im heutigen Sprachgebrauch sind ‚verlorene‘ Eier das Selbe wie pochierte Eier, daher gehe ich hier davon aus, dass das gemeint ist. Im Rezept Nr. 8.15 wird der Prozess als ‚aufgebrochene Eier‘ bezeichnet.)
6.19
Binden mit Mehl, das vorher in Wasser angerührt wird
6.22
Einweichen von Hülsenfrüchten in Lauge
6.25
Haltbarmachen durch Einsalzen
6.38
Reiben von Käse als Würze
7.7
Übergießen von Brotscheiben mit Brühe und Gewürzen als Beilage
7.11
Abseihen durch ein Seihtuch
Abseihen durch ein Sieb
7.22
Vernähen nach dem Füllen mit Nadel und Faden
7.23
Herstellen einer Pastetenschale als Gargefäß, das nicht dazu gedacht ist, gegessen zu werden (davon gehe ich jedenfalls aus, da sehr betont wird, dass es sehr fester Teig sein muss)
Backen ‚im Rauch‘ (wenn man davon ausgeht, dass tatsächlich NUR Rauch gemeint ist, wäre das eine Art Heißräuchern)
Backen unter einer Tonglocke
7.25
Herstellung eines Backteigs aus Ei, Käse und Gewürzen für Brotscheiben
7.40
Backen von Eiern in den Kohlen
7.41
Herstellen von Sülze/Gelatine (da die Herstellung von Sülze im Rezept 2.17 nicht ganz eindeutig ist, habe ich das hier dazu genommen)
7.42
Herstellen eines Hackbratens mit Hilfe eines Schweinsnetzes
7.54
Herstellen von gefüllten Teigtaschen, die im Anschluss gebraten bzw. frittiert werden.
7.55
Braten ‚auf Asche‘ (meiner Meinung nach also entweder tatsächlich auf der heißen Asche oder auf einem Rost direkt darüber)
7.68
Schwarz färben mit verbranntem Brot
8.1
Versprengen von Milch mit einem durchlöcherten Löffel
8.4
Blind backen von Pastetenteig
Herstellen von Eierpudding oder Eiercreme (gebackene Milch-Eier-Mischung)
8.5
Herstellen von Pfannkuchen bzw. Fladenbrot (getriebener Teig)
8.6
Herstellen von Crêpes oder Pfannkuchen (nicht getriebener Teig)
8.7
Herausbacken von Blüten in Backteig
8.9
Herstellen von Laibchen aus Hülsenfrüchten
8.10
Herstellen von Teigblättern (Lasagne) mit getriebenem Teig
Aufschichten der gekochten Teigblätter mit Käse und Gewürzen
8.11
Formen von Teigblättern in Röhrchen
8.12
Füllen von Eiern
8.17
Herstellen von Eieromelett (ohne Mehl)
8.18
Herstellen von Rühreiern
9.15
Braten von Fisch am Spieß
9.16
Schwarz färben mit Sepia-Tinte
10.3
Herstellen von Farce zum Füllen von verschiedenen Speisen
10.4
Herstellen von geschichtetem ‚Auflauf‘
10.12
Herstellen von eingelegtem Gemüse (nur mehrere Tage marinieren, nicht haltbar machen)